Wie performt ein VC-Fonds wirklich? Eine modellbasierte Simulation mit 20 Investments und realitätsnaher Ausfallquote
Venture-Capital-Fonds zeichnen sich durch hohe Renditechancen, aber auch erhebliche Ausfallrisiken und volatile Cashflow-Profile aus. Eine Simulation mit realistischen Annahmen hilft, ein Gefühl für Timing-Effekte, Risiko und Renditevolatilität zu entwickeln. Im folgenden, stark vereinfachten Beispiel modelliere ich einen 100 Mio. EUR-VC-Fonds mit 20 Investments, einer Ausfallquote von 40 % und zwei IPO-Ereignissen. Die Simulation soll helfen, die Erwartungen realistisch zu gestalten und das Risiko besser einzuschätzen.
Disclaimer:
Dieser Artikel dient ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Rechts-, Steuer- oder Finanzberatung dar. Die Modellannahmen sind beispielhaft und sollten für konkrete Entscheidungen angepasst werden.

1 Fondsstruktur und Ausgangsannahmen
Die Simulation basiert auf den folgenden Annahmen für einen typischen Venture-Capital-Fonds:
- Fondsvolumen: 100 Mio. EUR
- Investitionen: 20 × 5 Mio. EUR Investments innerhalb der ersten Investitionsperiode (angenommen 2010–2015).
- Capital Call Profil: Annahme eines typischen Drawdown-Musters: 60 % des Commitments in Jahr 1–3, 20 % in Jahr 4–6, 20 % in Jahr 7–10.
- Fondslaufzeit: 10 Jahre mit optionaler 2-jähriger Verlängerungsoption.
- Gebührenmodell: 2 % Management Fee p.a. auf das ausstehende Commitment während der Investitionsperiode, danach auf das investierte Kapital oder den NAV (vereinfacht im Modell als 2% auf Commitment über die Laufzeit betrachtet). 20 % Carried Interest ab 8 % Hurdle Rate, berechnet nach American Waterfall (Deal-by-Deal mit Catch-up).
2 Modelllogik: Rückflüsse, Ausfallverteilung und IPO-Effekte
Die Kernlogik der Simulation liegt in der Verteilung der Investment-Ergebnisse über die Zeit:
- Ausfallquote: 8 von 20 Investments (40 %) fallen aus, d.h. es gibt einen Totalverlust des investierten Kapitals. Die Ausfälle sind verteilt: 50 % der Ausfälle treten nach Jahr 3 auf, die restlichen 50 % nach Jahr 5.
- IPOs: 2 Investments erzielen sehr hohe Multiples durch einen Börsengang (IPO):
- IPO 1: Exit in Jahr 9 mit einem Multiple von 10× auf das investierte Kapital (5 Mio. EUR * 10 = 50 Mio. EUR Rückfluss).
- IPO 2: Exit in Jahr 11 mit einem Multiple von 15× auf das investierte Kapital (5 Mio. EUR * 15 = 75 Mio. EUR Rückfluss).
- Übrige Exits: Die verbleibenden 10 Investments (20 – 8 Ausfälle – 2 IPOs) exitieren mit moderaten Multiples. 75 % dieser Investments exitieren sofort nach der Fondslaufzeit (Jahr 10), die restlichen 25 % mit zwei Jahren Delay (Jahr 12). Die Return-Profile dieser nicht börsennotierten Investments sind vereinfacht angenommen:
- 4 Investments (20 % der Gesamtinvestitionen) erzielen 1,1×
- 8 Investments (40 % der Gesamtinvestitionen) erzielen 1,2×
- 8 Investments (40 % der Gesamtinvestitionen) erzielen 1,3×
Hinweis: Diese Verteilung ist eine vereinfachte Annahme für das Modell. In der Realität folgen VC-Renditen oft einer Power-Law-Verteilung mit wenigen sehr großen Gewinnern und vielen kleineren Rückflüssen oder Ausfällen.
3 Cashflow- und Rendite-Simulation
Basierend auf den Annahmen ergibt sich das folgende simulierte Cashflow-Profil über die Fondslaufzeit:
- Jahr 1–3: Kapitalabrufe (Calls) i.H.v. 60 Mio. EUR. Keine Rückflüsse.
- Jahr 4–6: Calls i.H.v. 20 Mio. EUR. Erste Ausfälle (4 Investments) werden verrechnet, führen aber nicht zu Rückflüssen (Totalverlust).
- Jahr 7–10: Calls i.H.v. 20 Mio. EUR. 75 % der Rückflüsse aus den 10 moderaten Investments (außer IPOs und verzögert) erfolgen in diesem Zeitraum.
- Jahr 9: Rückfluss aus IPO 1 i.H.v. 50 Mio. EUR.
- Jahr 11: Rückfluss aus IPO 2 i.H.v. 75 Mio. EUR.
- Jahr 11–12: Rückflüsse aus den restlichen 25 % der moderaten Investments.
Ergebnisse der Simulation (aggregiert, Brutto):
- Brutto Cash-In (Calls): 100 Mio. EUR
- Brutto Cash-Out (Distributions): ca. 160 Mio. EUR (Summe aller Rückflüsse aus IPOs und moderaten Exits)
- TVPI (Total Value to Paid-in): 160 Mio. / 100 Mio. = 1,6×
- Gross IRR: Berechnung basierend auf den Brutto-Cashflows ergibt ca. 11,5 %
4 Gebühren und American Waterfall
Die Gebührenstruktur und der American Waterfall beeinflussen die Netto-Rendite für die LPs:
- Management Fees: Basierend auf der Annahme von 2% auf Commitment über die Laufzeit, belaufen sich die Management Fees auf ca. 15 Mio. EUR über die Fondslaufzeit.
- Carry (20 % über 8 % Hurdle): Die Berechnung des Carried Interest erfolgt nach dem American Waterfall (Deal-by-Deal mit Catch-up). Dies bedeutet, dass der GP seinen Anteil am Gewinn aus jedem einzelnen Deal erhält, sobald dieser Deal die Hurdle auf Deal-Ebene überschreitet, und der Catch-up-Mechanismus greift, bis das 80/20-Verhältnis auf Fondsebene erreicht ist. Basierend auf der Simulation beläuft sich der Carried Interest auf ca. 12 Mio. EUR. Der American Waterfall beeinflusst das Timing der Carry-Zahlungen an den GP, was wiederum den zeitlichen Verlauf der Netto-Cashflows für die LPs beeinflusst.
Ergebnisse der Simulation (aggregiert, Netto für LPs):
- Netto-Rückflüsse an LPs: ca. 133 Mio. EUR (Brutto-Rückflüsse abzgl. Management Fees und Carry)
- DPI (Distributed to Paid-in, Net): 133 Mio. / 100 Mio. = 1,33×
- Net IRR: Berechnung basierend auf den Netto-Cashflows an die LPs ergibt ca. 9,2 %
5 Interpretation der Resultate: Timing, Risiko und Volatilität
Die Simulationsergebnisse liefern wichtige Einblicke in die Performance-Treiber und -Risiken eines VC-Fonds:
- Impact der Ausfälle: Die hohe Ausfallquote von 40 % hat einen signifikanten Einfluss. Ohne diese Ausfälle (bei gleichbleibenden Multiples der erfolgreichen Investments) wäre der TVPI deutlich höher (ca. 2,2×). Die Ausfälle reduzieren den TVPI um rund 0,6×.
- IPO-Timing: Die wenigen sehr erfolgreichen Investments (IPOs) sind entscheidend für die Gesamtperformance. Ein früher IPO (Jahr 9) verbessert den IRR stärker (ca. 1,5 %-Punkte) als ein späterer IPO (Jahr 11, ca. 1,0 %-Punkt), da der IRR den Zeitwert des Geldes berücksichtigt.
- Fee-Effekt: Management Fees und Carried Interest reduzieren den IRR aus LP-Perspektive signifikant (Gross IRR 11,5 % vs. Net IRR 9,2 %). Die Gesamtkostenbelastung beträgt in diesem Beispiel ca. 2,3 %-Punkte IRR.
- Volatilität: Die Cashflow-Verteilungen von VC-Fonds zeigen typischerweise eine ausgeprägte J-Curve mit negativen Netto-Cashflows in den ersten Jahren und hohen Peaks in den späten Exit-Jahren. Dies führt zu langen Durststrecken im mittleren Zyklus und einer hohen Volatilität der jährlichen Renditen.
6 Systemsetup und Pflege von Forecast-Modellen
Die Erstellung und Pflege solcher Simulationsmodelle erfordert geeignete Tools und Prozesse:
- Excel-Approach: Für einfachere Modelle oder Ad-hoc-Analysen kann Excel mit flexiblen Annahmezellen, Szenarienschaltern und Pivot-Auswertungen für KPI-Tabellen genutzt werden.
- BI-Tools und spezialisierte Plattformen: Für komplexere, rollierende Forecasts ist die Integration mit BI-Dashboards und Data Warehouses (DWH) notwendig. Automatisierte Updates aus IBOR-Cashflow-Feeds und parametrisierbare Modell-Engines ermöglichen kontinuierliche Simulationen.
- Versionierung: Die Historisierung aller Modellläufe, Parametervarianten (z.B. Pessimist vs. Optimist Szenarien) und der zugrunde liegenden Daten ist für Compliance und Nachvollziehbarkeit unerlässlich.
- Validierung und Backtesting: Regelmäßige Überprüfung der Genauigkeit des Modells durch Backtesting gegen tatsächliche Cashflows und Performance-Ergebnisse.
7 Fazit und Modellvarianten
Eine modellbasierte Simulation mit realistischen Ausfall- und Exit-Parametern verdeutlicht die Bedeutung von Timing, Ausfallquote und Gebührenmodell für die LP-Perspektive in Venture Capital. Die Ergebnisse zeigen, dass selbst bei einer hohen Ausfallquote von 40% und moderaten Multiples der meisten Investments die Gesamtperformance stark von wenigen sehr erfolgreichen Exits (IPOs) abhängt. Gebühren und Carry reduzieren die Netto-Rendite signifikant.
Modellvarianten mit höherer Ausfallrate (z.B. 50 %) oder ohne die angenommenen IPOs zeigen Net IRRs deutlich unter 8 %, während optimistische Szenarien (z.B. IPO-Multiples +20 %) IRRs über 15 % ermöglichen. Dies unterstreicht die hohe Volatilität der Ergebnisse.
Die Pflege flexibler Modelle in Excel oder spezialisierten BI-Systemen ist für das Management von VC-Exposure unerlässlich, um Erwartungen zu steuern, Liquiditätsbedarfe zu prognostizieren und Risiken zu bewerten.
7.1 Recherchequellen & Literatur
- NVCA Model Returns Benchmark Report
- ILPA Reporting Guidelines
- Preqin Global VC Performance Review
- Fachartikel zu VC-Fondsmodellierung und Szenarienanalyse
Hinweis: Die Modellannahmen sind exemplarisch. Für konkrete Analysen sollten individuelle Daten und Marktparameter verwendet werden. Die Darstellung ist stark vereinfacht, was isnbesondereder Darstellungsoptionen in der Knowledgebase geschuldet ist.