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AIFMD II: Auswirkungen auf Datenhaushalt und Systemintegration bei Private Market Fonds

Die AIFMD II bringt eine Vielzahl neuer Anforderungen mit sich – gerade für Fonds mit illiquiden Assets wie Private Equity, Infrastruktur oder Private Debt. Während regulatorische Anforderungen auf den ersten Blick juristisch erscheinen, betreffen sie in der Praxis vor allem eines: Daten. In diesem Artikel zeigen wir Ihnen, wie sich die überarbeitete Richtlinie konkret auf die Systemarchitektur, Datenflüsse und Prozesse bei Private Market Fonds auswirkt – und welche operativen Fragen Sie sich jetzt stellen sollten.

Disclaimer:

Dieser Artikel dient ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Rechts-, Steuer- oder Finanzberatung dar. Die Informationen sollten vor Entscheidungen individuell geprüft werden.

1. Von der Regulierung zur Datenanforderung: Was ändert sich konkret?

Die überarbeitete AIFM-Richtlinie (AIFMD II, Richtlinie (EU) 2024/927) führt eine Reihe verschärfter Anforderungen ein, die direkte Auswirkungen auf den Datenhaushalt und die Systemlandschaft von Private Market Fonds haben. Die Richtlinie wurde im März 2024 veröffentlicht. Die Mitgliedstaaten haben bis zum 29. März 2026 Zeit für die Umsetzung in nationales Recht. Die neuen Regeln gelten für Asset Manager ab dem 30. März 2026. Dies bedeutet, Asset Manager haben ungefähr zwei Jahre Zeit für die notwendigen Anpassungen an Daten, Systemen und Prozessen.

Konkrete neue Anforderungen umfassen unter anderem:

  • Erweiterte Meldepflichten: Insbesondere zu Delegation von Funktionen (was delegiert wurde, an wen, warum) und zur Verwahrstellenfunktion.
  • Spezifische Datenbereitstellung: Detailliertere Daten zu Investmentstrategie, Risikoprofil und Liquiditätsrisiken. Verpflichtende Datenbereitstellung bei speziellen Produkten wie Loan-Originating Funds (Daten auf Einzelkreditebene), ESG-bezogenen Produkten (Nachhaltigkeitsdaten, PAI-Indikatoren) und Co-Investments (Informationen zum Co-Investment-Vehikel und Deal).
  • Stärkere Vorgaben zur Look-through-Transparenz: Insbesondere bei komplexen Fondsstrukturen wie Dachfonds, SPVs und Aggregatoren müssen die unterliegenden Assets detaillierter aufgeschlüsselt und im Reporting transparent gemacht werden.
  • Konkrete Governance-Vorgaben: Klare Anforderungen an die IT- und Datenarchitektur, einschliesslich der Sicherstellung von Datenqualität und der Dokumentation von Datenflüssen.

Für Asset Manager bedeutet das: Sie brauchen nicht nur mehr Daten, sondern müssen diese auch strukturiert, nachvollziehbar und systematisch zugänglich machen – über verschiedene Fonds, Plattformen und Asset-Klassen hinweg – und das bis zum Stichtag 30. März 2026.

2. Datenmodelle unter Druck: Was muss Ihr System leisten?

Die neuen Anforderungen erfordern Anpassungen und Erweiterungen bestehender Datenmodelle in den Fondsadministrationssystemen. Wenn Sie Private Market Fonds verwalten, brauchen Sie in Zukunft deutlich granularere Datenmodelle, die Look-through bis auf Asset-Ebene und die Abbildung spezifischer Datenpunkte (z.B. Kreditdaten, ESG-Attribute) ermöglichen:

Regulatorischer BereichNeue Anforderungen durch AIFMD IISystemische Auswirkungen (Datenmodell)
Loan OriginationDetaillierte Daten zu jedem einzelnen Kredit: Schuldnerdetails, Kreditbedingungen, Risikobewertung, Sicherheiten, Cashflows.Erweiterung des Datenmodells um eine detaillierte Kreditspezifikation; Integration von Kreditdatenbanken in die Kernsysteme (ABOR/IBOR).
DelegationReporting über alle ausgelagerten Funktionen und Dienstleister (was, an wen, Vertragslaufzeit, Monitoring).Mapping operativer Delegationen; Verknüpfung von Dienstleister-Stammdaten mit den delegierten Funktionen im System (z.B. in DMS, CRM, IBOR/ABOR Metadaten).
ESG-TransparenzDetaillierter Look-through auf Asset-Level; PAI-Indikatoren; ESG-Strategieumsetzung; Umgang mit „grünen“ Assets.Erweiterung der Beteiligungs- und Asset-Datenmodelle um ESG-Attribute und Kennzahlen; Fähigkeit zur Aggregation von ESG-Daten auf Portfolioebene.
Look-through (allgemein)Transparenz bei komplexen Strukturen (FoF, SPVs, Aggregatoren) bis auf Ebene der End-Assets.Fähigkeit des Datenmodells, mehrstufige Vehikelstrukturen abzubilden und Daten (Positionen, Cashflows, Werte, Attribute) über alle Ebenen zu aggregieren. Erfordert konsistente Stammdaten und Unique Identifiers.

Besonders kritisch wird der Bruch zwischen juristischen Dokumenten (im DMS) und operativen Systemen wie IBOR und ABOR: Viele der geforderten Informationen stehen heute nur in unstrukturierten Dokumenten (PDFs, Side Letters) – aber nicht in strukturierter, maschinenlesbarer und auswertbarer Form in den Systemen.

3. Neue Rollen für IBOR, ABOR & Co: Wie Systeme zusammenspielen müssen

Die AIFMD II verschärft die Notwendigkeit zur Systemintegration und definiert implizit neue Rollen für die Kernapplikationen im Datenfluss zur Erfüllung der Meldepflichten:

SystemNeue oder erweiterte Verantwortung durch AIFMD IIBeispielhafte Umsetzung
IBOR (Investment Book of Record)Lieferant konsolidierter Investmentdaten; Ex-ante Prüfungen; Look-through Aggregation; Exposure-Mapping.Fähigkeit zur integrierten Abbildung von Beteiligungsstrukturen bis zum End-Asset; Verwaltung von Anlagegrenzen; Aggregation von Positionsdaten über Vehikel hinweg.
ABOR (Accounting Book of Record)Grundlage für Bewertung und Buchung; Dokumentation; Audit-Trail; Finanzreporting.Erweiterung um spezialisierte Module (z.B. Loan-Modul für Debt Funds); detaillierte Abbildung von Bewertungsparametern je Asset; lückenloser Audit-Trail aller Buchungen.
DMS (Dokumentenmanagement)Zentrale, revisionssichere Ablage relevanter Dokumente (Verträge, Delegationsvereinbarungen, Verwahrstellenverträge); Verknüpfung mit Stammdaten.Integration mit Workflow-Tools zur Sicherstellung der Dokumentenablage nach Genehmigung; Automatisierung der Klassifizierung von Dokumenten.
Reporting EngineAutomatisierte Generierung komplexer Reports (AIFMD Annex IV, ESG, Liquiditätsrisiko); Datenzugriff aus IBOR/ABOR/DWH inkl. Validierung.Aufbau standardisierter Report-Templates; Schaffung automatisierter Daten-Pipelines; Implementierung von Datenvalidierungsregeln vor Berichterstellung.
CLM (Contract Lifecycle Management)Strukturierte Erfassung und Überwachung von Vertragsdetails (z.B. Delegationstermine, Kündigungsfristen); Basis für Delegation-Reporting.Datenmodell für Delegationsdetails; Workflow-Unterstützung für Monitoring und Benachrichtigungen.
EDM/Data WarehouseZentrale Stammdatenhaltung; Aggregation und Konsolidierung von Daten aus Quellsystemen (IBOR, ABOR, DMS, CLM) für Reporting und Analyse.Aufbau einer Single Source of Truth für Stammdaten; Konsolidierung von Finanz-, Vertrags- und ESG-Daten; Datenqualitätsregeln.

Es geht nicht darum, ein einziges Super-System zu bauen, sondern eine integrierte Systemlandschaft zu schaffen, in der Datenherkunft, Gültigkeit und Aggregation über klare Schnittstellen (APIs) nachvollziehbar sind – und regulatorisch belastbar.

4. Stolperfallen aus der Praxis

Einige typische Schwächen, die bei der Umsetzung neuer regulatorischer Datenanforderungen in der Praxis auftreten:

  • Daten werden zu spät strukturiert: Relevante Datenpunkte (z.B. Vertragsdetails, ESG-Attribute auf Asset-Ebene) werden erst zur Berichtserstellung mühsam aus Dokumenten extrahiert, statt bei Vertragsschluss oder im laufenden Prozess strukturiert erfasst zu werden.
  • Unklare Ownership und Verantwortlichkeiten: Niemand fühlt sich eindeutig zuständig für die Erfassung und Pflege „regulatorisch relevanter Daten“ über Systemgrenzen hinweg.
  • Veraltete Systemarchitekturen und fehlende APIs: Bestehende Systeme unterstützen keine automatisierten Datenflüsse zwischen DMS, IBOR, ABOR, CLM etc. Notwendige APIs fehlen oder sind nicht granular genug, was manuelle Übertragung und Medienbrüche erzwingt.
  • Fragmentierte und inkonsistente Stammdaten: Unterschiedliche Identifikatoren und Definitionen für Fonds, Investoren oder Assets in verschiedenen Systemen erschweren die korrekte Aggregation und den Look-through.

Die Folge? Erhöhte manuelle Aufwände, Fehleranfälligkeit, Reputationsrisiken und Stress bei jeder neuen Regulierungsrunde. Dies behindert nicht nur die Compliance, sondern auch die interne Effizienz.

5. Was jetzt zu tun ist: Ihr Umsetzungs-Fahrplan

Um nicht nur compliant zu sein, sondern auch die operative Effizienz zu steigern, empfiehlt sich ein strukturierter Umsetzungs-Fahrplan:

  • Dateninventur starten: Identifizieren Sie systematisch, wo heute die Informationen liegen, die AIFMD II verlangt (in welchen Systemen, Dokumenten, Excel-Dateien).
  • Gap-Analyse durchführen: Vergleichen Sie die Ist-Situation mit den Soll-Anforderungen der AIFMD II. Was fehlt? Welche Daten sind unstrukturiert? Welche sind nicht maschinenlesbar oder nicht in den relevanten Systemen verfügbar?
  • Datenmodell und Stammdatenstrategie prüfen/anpassen: Stellen Sie sicher, dass Ihr Datenmodell die neuen Anforderungen abbilden kann und eine klare Strategie für konsistente Stammdaten (MDM) existiert.
  • Use-Cases priorisieren: Fokussieren Sie zunächst auf die Bereiche mit den höchsten neuen Anforderungen oder dem größten Compliance-Risiko (z.B. ESG-Reporting bei SPV-Strukturen, detaillierte Loan-Daten in Debt-Fonds, Delegation-Reporting).
  • Systemintegration planen: Konzentrieren Sie sich auf die Schaffung oder Verbesserung von Schnittstellen (APIs) zwischen den relevanten Systemen. Planen Sie Datenflüsse von den Quellsystemen zu Aggregations- oder Reporting-Systemen (z.B. DWH). Eine komplette Ablösung bestehender Systeme ist oft nicht notwendig.
  • Governance aufsetzen: Definieren Sie klare Verantwortlichkeiten für regulatorisch relevante Daten und die Prozesse ihrer Erfassung, Pflege und Übermittlung. Wer ist „Owner“ für welche Datenpunkte über Systemgrenzen hinweg?

Ein proaktiver Ansatz bei Datenmanagement und Systemintegration ist entscheidend, um die AIFMD II-Fristen bis März 2026 zu erreichen und langfristig compliance-sicher und effizient zu agieren.

6. Fazit

Die AIFMD II ist keine reine Reporting-Frage – sie ist ein Weckruf zur Datenstrategie im Private Markets Umfeld. Die verschärften Anforderungen, insbesondere im Hinblick auf Look-through, Datenbereitstellung und Governance, erfordern einen Umbau des Datenhaushalts und eine verbesserte Systemintegration. Wer jetzt investiert, kann nicht nur regulatorische Risiken senken, sondern auch intern effizienter arbeiten: mit weniger Excel, mehr Nachvollziehbarkeit und besserer Abstimmung zwischen Juristen, Controllern und Systemverantwortlichen. Eine klare Datenstrategie, konsistente Stammdaten, robuste APIs und ein Fokus auf End-to-End-Prozesse sind entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung bis März 2026.

6.1 Recherchequellen & Literatur

  • Richtlinie (EU) 2024/927 (AIFMD II)
  • Fachartikel und Whitepaper zu AIFMD II und ihren Auswirkungen auf Private Markets
  • Publikationen von Anwaltskanzleien, Beratungsfirmen und Fondsadministratoren zu regulatorischen Änderungen
  • Fachartikel zu Datenmanagement, Systemintegration und IBOR/ABOR in Finanzinstituten

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