Berichtswesen zwischen Start-ups und ihren Investoren – Welche Informationen wirklich zählen
1. Warum regelmäßiges Reporting wichtig ist
Wenn du ein Start-up leitest oder als CFO den Überblick behalten musst, weißt du, wie entscheidend regelmäßiges Reporting ist. In der Welt der Private Equity und Early-Stage-Investments erwarten Investoren klare, fundierte Informationen, die ihnen ermöglichen, die Entwicklung des Unternehmens nachzuvollziehen. Gleichzeitig bietet strukturiertes Reporting dir als Gründer:in die Möglichkeit, den Erfolg deines Geschäftsmodells objektiv zu bewerten und bei Bedarf schnell nachzusteuern. Dabei geht es nicht nur um trockene Zahlen – sondern darum, den Kontext, die Strategie und die Geschichte hinter den Zahlen transparent zu machen.
Disclaimer:
Dieser Artikel dient ausschließlich zu Informationszwecken und stellt keine Rechts- oder Finanzberatung dar. Die hierin enthaltenen Informationen sollten vor einer Entscheidungsfindung unabhängig überprüft werden.

2. Typische Berichtsarten
Je nach Entwicklungsphase und aktuellen Ereignissen gibt es unterschiedliche Reporting-Intervalle:
- Monatliches Reporting: Ideal, um kurzfristige Trends wie Veränderungen in der Burnrate oder im Cash-Runway zu erkennen und schnell zu reagieren.
- Quartalsberichte: Diese bieten eine umfassendere Analyse, oft inklusive Plan-Ist-Vergleichen, und dienen als Grundlage für strategische Diskussionen und Entscheidungen.
- Ad-hoc-Updates: Bei besonderen Ereignissen – beispielsweise einem Pivot, Fundraising, einer wichtigen Partnerschaft oder in Krisenzeiten – sind kurzfristige Berichte notwendig, um Investoren schnell und proaktiv zu informieren.
3. Wichtige Kennzahlen (KPIs) im Fokus
Für ein aussagekräftiges Reporting sind konkrete Kennzahlen entscheidend. Zu den wichtigsten KPIs in Start-ups zählen oft:
- Burnrate: Sie zeigt, wie viel Kapital dein Unternehmen monatlich netto verbraucht.
- Beispiel: Bei einem monatlichen Verbrauch von 50.000 € und einem vorhandenen Kapital von 300.000 € beträgt dein Cash-Runway 6 Monate.
- Cash-Runway: Der Zeitraum, in dem dein Unternehmen mit dem vorhandenen Kapital operieren kann, basierend auf der aktuellen oder prognostizierten Burnrate.
- Berechnungsbeispiel: 300.000 € Kapital / 50.000 € monatlicher Verbrauch = 6 Monate.
- MRR (Monthly Recurring Revenue): Der monatlich wiederkehrende Umsatz, besonders wichtig bei abonnementbasierten Modellen (SaaS).
- Beispiel: Ein MRR von 20.000 € führt zu einem jährlichen ARR von 240.000 € (20.000 € x 12).
- ARR (Annual Recurring Revenue): Der jährliche wiederkehrende Umsatz, abgeleitet aus dem MRR.
- Customer Acquisition Cost (CAC) & Lifetime Value (LTV): Diese Kennzahlen helfen zu ermitteln, wie effizient dein Marketing und Vertrieb ist (CAC) und welchen langfristigen Wert ein Kunde für dein Unternehmen hat (LTV). Das Verhältnis LTV/CAC ist hierbei entscheidend.
- Churn Rate: Misst, wie viele Kunden oder welcher Umsatzanteil (Revenue Churn) du pro Periode verlierst. Eine niedrige Churn Rate deutet auf hohe Kundenzufriedenheit und Produkt-Markt-Fit hin.
Wichtige Ergänzungen:
- Geschäftsmodell-spezifische KPIs: Die hier genannten KPIs sind essenziell, insbesondere für abonnementbasierte Geschäftsmodelle wie SaaS. Je nach Ausrichtung deines Start-ups können jedoch auch andere Kennzahlen im Vordergrund stehen, etwa das Gross Merchandise Volume (GMV) und die Take Rate bei Marktplätzen, die Contribution Margin pro Einheit/Bestellung oder erreichte technische Meilensteine bei Deep-Tech-Unternehmen.
- Qualität der KPIs: Wichtig ist nicht nur die Kennzahl selbst, sondern auch ihre Qualität und der Kontext. Ein hoher MRR ist gut, aber wie diversifiziert ist er (Kundenkonzentration)? Wie schnell wird der CAC zurückverdient (CAC Payback Period)? Diese tiefergehenden Analysen sind für Investoren oft genauso wichtig wie die Headline-Zahl.
4. Unterscheidung in Hard Facts und Soft Facts
Im Reporting unterscheide ich stets zwischen Hard Facts und Soft Facts:
- Hard Facts: Zahlen, Budgets, KPIs und Forecasts, die direkt messbar und vergleichbar sind. Sie bilden die objektive Grundlage für Entscheidungen und zeigen die finanzielle und operative Leistung.
- Soft Facts: Qualitative Daten, wie Teamdynamik (z.B. wichtige Neueinstellungen, Fluktuation, offene Schlüsselpositionen), Innovationskraft (z.B. erreichte Produkt-Meilensteine, Roadmap-Updates), Marktsignale (z.B. neue Wettbewerber, regulatorische Änderungen, strategische Partnerschaften) oder Kundenzufriedenheit (z.B. aus qualitativen Interviews, NPS-Trends), liefern den notwendigen Kontext zu den reinen Zahlen und zeigen die ‚Geschichte‘ hinter der Entwicklung. Sie helfen zu verstehen, warum die Hard Facts so sind, wie sie sind.
5. Praxisbeispiele & Reporting-Lösungsansätze
Was wollen Investoren konkret sehen?
Aus meiner langjährigen Erfahrung wissen Investoren, dass klare, strukturierte Berichte mit nachvollziehbaren Kennzahlen essentiell sind. Sie erwarten regelmäßige Updates zu kritischen KPIs wie Burnrate, Cash-Runway, MRR/ARR (oder Äquivalent), CAC/LTV und Churn. Sie wollen aber auch verstehen, wie diese Zahlen zustande kommen und wie sie sich im Vergleich zum Plan entwickeln.
Was hilft Gründern, das Vertrauen zu erhalten?
Transparenz ist hier das A und O. Du solltest nicht nur Zahlen präsentieren, sondern auch erklären, warum sie so sind, wie sie sich zum Plan verhalten (Budget vs. Actual), welche Abweichungen es gab und welche strategischen Schlussfolgerungen und nächsten Schritte daraus resultieren. Ein gutes Reporting erzählt eine Geschichte – über Erfolge, Herausforderungen und den Weg nach vorne. Beispielsweise kann ein Dashboard, das den MRR in Echtzeit anzeigt, zusammen mit einem kurzen narrativen Update über aktuelle Herausforderungen (z.B. eine gestiegene Churn Rate und die Gegenmaßnahmen) und Erfolge (z.B. ein wichtiger Vertragsabschluss), das Vertrauen der Investoren erheblich stärken.
6. Fehler vermeiden: Häufige Stolpersteine im Reporting
- Zu viel Information: Ein überladenes Reporting mit Dutzenden von KPIs verwirrt und überfordert – fokussiere dich auf die 5-10 entscheidenden Kennzahlen für dein Geschäftsmodell und deine aktuelle Phase.
- Zu wenig Kontext: Zahlen ohne Erklärung, ohne Vergleich zum Plan oder ohne Ausblick lassen den tatsächlichen Unternehmenszustand und die Steuerungsfähigkeit des Managements unklar. Erkläre immer, was hinter den Zahlen steckt und was sie bedeuten.
- Ungenauigkeiten: Fehlerhafte oder inkonsistente Daten können zu Fehlentscheidungen führen und das Vertrauen nachhaltig beschädigen. Eine kontinuierliche Validierung, klare Definitionen und eine „Single Source of Truth“ für Daten sind unabdingbar.
- Schönfärberei: Probleme zu verschweigen oder Risiken herunterzuspielen, untergräbt das Vertrauen. Proaktive Kommunikation, auch bei negativen Entwicklungen, wird von professionellen Investoren erwartet und geschätzt.
7. Professionelle Liquiditätsplanung – Mehr als nur Runway
Ein entscheidender, oft aber unterschätzter Baustein für professionelles Finanzmanagement ist eine detaillierte und vorausschauende Liquiditätsplanung. Sie geht über die reine Betrachtung des Cash-Runways hinaus und ermöglicht eine präzise Steuerung der Zahlungsflüsse. Ein Beispiel für einen solchen hohen Standard ist die qualifizierte Liquiditätsrechnung nach den Deutschen Rechnungslegungs Standards (DRS 21), aber auch andere international anerkannte Frameworks oder gut strukturierte, rollierende Cashflow-Prognosen können zielführend sein.
Warum das auch für Start-ups wichtig ist:
Zwar erfordert die Erstellung einer solchen detaillierten Planung initial mehr Aufwand und oft spezialisierte Tools oder Fachwissen. Doch dieser Aufwand zahlt sich gerade für Start-ups aus mehreren Gründen aus:
- Erhöhte Transparenz: Du erhältst ein klares Bild der aktuellen und zukünftigen Liquiditätsströme (Ein- und Auszahlungen).
- Verbesserte Finanzplanung: Potenzielle Engpässe werden frühzeitig erkannt (oft Monate im Voraus), was proaktives Handeln wie Kostenanpassungen oder die Planung der nächsten Finanzierungsrunde ermöglicht.
- Stärkung des internen Kontrollsystems: Das detaillierte Monitoring verbessert das Risikomanagement und unterstützt fundierte operative Entscheidungen (z.B. bei Investitionen oder Lieferantenverhandlungen).
- Gesteigertes Investorenvertrauen: Eine professionelle Liquiditätssteuerung signalisiert operative Exzellenz und finanzielle Umsicht – gerade in volatilen Märkten ein starkes Signal und ein Zeichen von Reife.
Auch wenn der Detaillierungsgrad mit der Unternehmensgröße (z.B. ab Series A) oft zunimmt, legt die frühe Implementierung einer soliden, vorausschauenden Liquiditätsplanung den Grundstein für nachhaltiges Wachstum und ist ein klarer Qualitätsbeweis gegenüber Investoren. Sie zeigt, dass du dein Geschäft nicht nur strategisch, sondern auch finanziell fest im Griff hast.
8. Fazit & Reporting-KPI-Template
Für mich ist ein gut strukturiertes, transparentes und kontextualisiertes Reporting der Schlüssel zu nachhaltigem Erfolg – sowohl für die Steuerung deines Unternehmens als auch für das Vertrauen deiner Investoren. Es geht nicht nur darum, Zahlen zu liefern, sondern die Geschichte dahinter zu erzählen und zu zeigen, dass du proaktiv handelst.
Meine Empfehlungen:
- Nutze eine ausgewogene Mischung aus Hard Facts und Soft Facts.
- Setze auf regelmäßige, transparente Berichte, die auch narrative Erklärungen, den Abgleich mit dem Plan und kontextualisierte KPIs (inkl. deren Qualität) enthalten.
- Implementiere moderne Dashboard-Tools, die dir den Überblick über kritische Kennzahlen wie Burnrate, Cash-Runway, MRR/ARR (oder Äquivalent), CAC/LTV und Churn ermöglichen.
- Implementiere eine professionelle, vorausschauende Liquiditätsplanung – sie bietet wertvolle Einblicke und stärkt das Vertrauen, auch wenn der Aufwand initial höher ist. Sie ist ein Zeichen finanzieller Professionalität.