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Distributionen und Secondary Sale in der Praxis

Disclaimer: 

Dieser Artikel dient ausschließlich zu Informationszwecken und stellt keine Rechts-, Steuer- und Finanzberatung dar. Die hierin enthaltenen Informationen sollten vor einer Entscheidungsfindung unabhängig überprüft werden.
Füllbild Distribution und Secondary Sale
Füllbild Distribution und Secondary Sale

1. Distributions in der Praxis – Komponenten, Buchung und steuerliche Aspekte

Distributions sind Auszahlungen aus dem Fondsvermögen an die Limited Partners (LPs). Sie stellen den Rückfluss von investiertem Kapital und/oder erwirtschafteten Erträgen dar und sind ein zentraler Bestandteil des Private-Equity-Lebenszyklus. Ihre korrekte Erfassung, Zuordnung und buchhalterische Behandlung sind entscheidend für die Performance-Messung, die Nachverfolgung der Kapitalkonten und das steuerliche Reporting.

1.1 Fund Income vs. Distribution Components

Es ist wichtig, zwischen laufenden Einnahmen des Fonds und den Komponenten einer Distribution (Ausschüttung an LPs) zu unterscheiden:

  • Laufende Einnahmen des Fonds (Fund Income):
    • Zinsen (Interest): Zinserträge aus Darlehen, die der Fonds möglicherweise an Portfoliounternehmen vergeben hat, oder Zinsen auf Cash-Bestände.
    • Dividenden: Dividendenzahlungen von gehaltenen Unternehmensbeteiligungen.
    • Andere Einnahmen (Other Income): Z.B. Monitoring Fees, Transaktionsgebühren oder andere Entgelte, die der Fonds von Portfoliounternehmen erhält.
    • Behandlung: Diese Einnahmen fließen in den Fonds, erhöhen dessen Liquidität und Net Asset Value (NAV). Sie werden typischerweise in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) des Fonds als Ertrag erfasst. Ob und wann diese laufenden Einnahmen an die LPs ausgeschüttet werden, hängt vom Limited Partnership Agreement (LPA) ab. Oft werden sie zur Deckung von Fondskosten verwendet oder thesauriert und fließen erst bei größeren Exits zusammen mit realisierten Gewinnen in den Ausschüttungswasserfall ein. In manchen Fondsstrukturen (z.B. Debt Funds) können sie aber auch regelmäßig ausgeschüttet werden.
  • Komponenten einer Distribution an LPs (Distribution Waterfall):
    Diese Komponenten definieren, wie Mittel, die zur Ausschüttung an LPs bestimmt sind (oft aus Exits, aber potenziell auch aus laufenden Einnahmen), gemäß LPA-Wasserfall aufgeteilt werden:
    • Return of Capital (RoC): Rückzahlung des ursprünglich von den LPs eingezahlten Kapitals.
    • Preferred Return („Pref“): Vorzugsrendite für LPs.
    • GP Catch-up: Anteil des GPs, um dessen prozentuale Beteiligung anzugleichen.
    • Carried Interest („Carry“): Gewinnanteil des GPs.
    • Excess Cash / Remaining Distribution: Restliche Verteilung (oft 80/20).

1.2 Quellensteuern (Withholding Taxes – WHT)

Quellensteuern sind ein wichtiger Faktor, der sowohl die Einnahmen des Fonds als auch die Ausschüttungen an LPs beeinflusst:

  • WHT auf Fondseinnahmen: Wenn der Fonds Zinsen oder Dividenden aus Ländern erhält, die eine Quellensteuer erheben, wird diese Steuer direkt an der Quelle abgezogen. Der Fonds erhält nur den Nettobetrag. Dies mindert den Ertrag in der GuV des Fonds.
  • WHT auf Ausschüttungen an LPs: Wenn der Fonds Ausschüttungen an LPs in verschiedenen Ländern tätigt, kann der Fonds verpflichtet sein, Quellensteuern auf bestimmte Ausschüttungskomponenten (insbesondere Zins- oder Dividendenanteile, manchmal auch Veräußerungsgewinne) einzubehalten und an die jeweiligen Steuerbehörden abzuführen. Der LP erhält dann nur den Nettobetrag.
  • Wichtigkeit: Die korrekte Berechnung, Einbehaltung und Abführung sowie das Reporting von WHT sind essenziell für die Compliance. LPs benötigen detaillierte Informationen über einbehaltene WHT (Bruttoausschüttung, WHT-Betrag, Nettobetrag), da sie diese möglicherweise auf ihre eigene Steuerschuld anrechnen oder zurückfordern können (abhängig von Doppelbesteuerungsabkommen). Ich war mal hierfür verantwortlich und kann dazu nur sagen, behandle Steuerbescheinigung wie Bargeld, also sehr sorgfältig.

1.3 Unreturned Capital Contribution, Fund Income und Distributions

  • Laufende Einnahmen (Zinsen, Dividenden etc.): Erhöhen den NAV des Fonds, beeinflussen aber nicht direkt die „Unreturned Capital Contribution“ des LPs.
  • Distributionskomponenten:
    • RoC: Mindert direkt die Unreturned Capital Contribution.
    • Preferred Return, Catch-up, Carry, Excess Cash: Reduzieren nicht die Unreturned Capital Contribution, stellen aber realisierte Gewinne/Performance dar und sind Teil der Gesamtausschüttung, die den NAV mindert.

1.4 Systemtechnische Abbildung (IBOR / ABOR)

  • IBOR (Investment Book of Record):
    • Muss laufende Einnahmen (Zins, Dividende) als Cash-Inflow und NAV-Steigerung erfassen (ggf. brutto und netto nach WHT).
    • Muss Distributionskomponenten korrekt zuordnen: RoC reduziert die Capital Contributions, Performance-Komponenten nicht.
    • Muss die Berechnung des Wasserfalls unterstützen, idealerweise unter Berücksichtigung der Unreturned Capital Contribution.
    • Muss potenziell WHT auf ausgehende Ausschüttungen pro LP berücksichtigen können.
  • ABOR (Accounting Book of Record):
    • Einnahmen: Korrekte Verbuchung von Zins-, Dividenden- und sonstigen Erträgen (brutto) sowie der darauf entfallenen WHT (als Aufwand oder Ertragsminderung) in der GuV.
    • Distributions:
      • RoC: Kapitalrückzahlung (Bilanz).
      • Performance-Komponenten: Gewinnverteilung (GuV-Auswirkung beim LP / Passivierung im Fonds).
    • WHT auf Ausschüttungen: Erfordert präzises Tracking pro LP und korrekte Verbuchung der Verbindlichkeiten gegenüber Finanzbehörden bzw. der abgeführten Steuern.

1.5 Praxisbeispiel (Erweitert)

  • Commitment eines LPs: 10 Mio. €
  • Unreturned Capital Contribution vor Vorgängen: 5 Mio. €
  • Vorgang 1: Fonds erhält 100.000 € Zinsen von einem Portfoliounternehmen, 15.000 € WHT werden abgezogen.
    • Auswirkung ABOR: +100.000 € Zinsertrag (GuV), +15.000 € Steueraufwand/Ertragsminderung (GuV), +85.000 € Cash (Bilanz). NAV steigt um 85.000 €. Unreturned Capital bleibt 5 Mio. €.
  • Vorgang 2: Fonds tätigt Distribution von 3 Mio. € an LP.
    • Aufteilung gemäß Wasserfall: 2 Mio. € RoC + 1 Mio. € Preferred Return (angenommen, dieser Anteil gilt steuerlich als Zins/Dividende für WHT-Zwecke).
    • WHT-Annahme: Auf den 1 Mio. € Preferred Return werden 10% WHT (100.000 €) einbehalten.
    • Auswirkung ABOR/IBOR:
      • Neue Unreturned Capital Contribution: 5 Mio. € – 2 Mio. € (RoC) = 3 Mio. €
      • Gesamte Brutto-Distribution an LP = 3 Mio. €.
      • Einbehaltene WHT = 100.000 €.
      • Netto-Cash-Auszahlung an LP = 2,9 Mio. €.
      • NAV des Fondsanteils reduziert sich um die Brutto-Distribution (3 Mio. €). Fonds verbucht Verbindlichkeit/Zahlung von 100.000 € WHT.

1.6 Lessons Learned

  1. Trenne klar: Unterscheide zwischen laufenden Fondseinnahmen, Ausschüttungskomponenten (Wasserfall) und Steuerabzügen (WHT).
  2. Verstehe die Basis: Halte Konzepte wie „Unreturned Capital Contribution“ und „NAV“ sauber getrennt.
  3. LPA ist entscheidend: Der Wasserfall und die Behandlung von Einnahmen/WHT müssen im LPA klar geregelt sein.
  4. Systeme müssen es können: Stelle sicher, dass IBOR/ABOR-Systeme Einnahmen, Wasserfall-Logik und das Tracking/Reporting von WHT (brutto/netto pro LP) korrekt abbilden können.
  5. LP-Reporting ist Pflicht: Klare und detaillierte Berichte über Ausschüttungen (inkl. aller Komponenten und WHT) sind für LPs unerlässlich.

2. Secondary Sales in der Praxis – Was sie wirklich sind und wie Du sie richtig abbildest

Secondary Sales (Verkäufe bestehender Fondsanteile) sind häufige Transaktionen im Private Markets Umfeld, werden aber oft fälschlicherweise mit Distributions verwechselt.

2.1 Ist ein Secondary Sale eine Distribution?

  • Für LP-led Secondaries: Kurz gesagt: Nein. Ein LP-led Secondary Sale ist ökonomisch kein Ausschüttungsereignis des Fonds. Es ist eine Transaktion zwischen einem bestehenden LP (Verkäufer) und einem neuen oder anderen bestehenden LP (Käufer). Der Fonds selbst zahlt hierbei kein Kapital oder Erträge aus.
  • Für GP-led Secondaries (z.B. Continuation Funds): Hier ist die Situation komplexer. Oft beinhaltet ein GP-led Secondary eine Transaktion auf Fondsebene, bei der der alte Fonds ein oder mehrere Assets an ein neues Vehikel (den Continuation Fund, gemanagt vom selben GP) verkauft. Für die LPs im alten Fonds, die verkaufen (oder sich auszahlen lassen), stellt dies einen Exit und somit eine finale Distribution (in Cash oder Anteilen am neuen Fonds) dar. Für LPs, die ins neue Vehikel „rollen“, ist es eine Umschichtung.

2.2 Arten von Secondary Transactions

  • LP-led: Ein bestehender LP verkauft seine Anteile direkt an einen anderen Investor. Der GP stimmt meist nur zu.
  • GP-led: Der GP initiiert die Transaktion, oft um Liquidität für einzelne Assets zu schaffen oder die Haltedauer zu verlängern (z.B. Single-Asset oder Multi-Asset Continuation Funds).

2.3 Unreturned Capital und Secondary Sales

  • LP-led: Der Saldo des Unreturned Capital und der NAV pro Anteil im Fonds selbst bleiben durch die Transaktion unberührt. Der Käufer übernimmt den bestehenden Kapitalstatus (Unreturned Capital, bisherige Historie) des Verkäufers. Für den Fonds ändert sich nur der Name des Anteilseigners.
  • GP-led: Die Auswirkungen sind fundamental anders. Der alte Fonds realisiert eine Investition. Dies führt zur Berechnung finaler Ausschüttungen (inkl. RoC, Pref, Carry) für die verkaufenden LPs. Der neue Continuation Fund startet mit einer neuen Kapitalstruktur und Basis für die übernommenen Assets.

2.4 Systemseitige Abbildung und operative Aspekte

  • LP-led:
    • IBOR/ABOR: Keine Verbuchung einer Distribution aus Fondssicht. Wichtig ist die Aktualisierung des LP-Registers (Stammdaten des neuen LPs), ggf. die Übertragung der Transaktionshistorie auf den neuen LP und die Dokumentation der Übertragung.
    • Operativ: Durchführung von KYC/AML-Prüfungen für den neuen LP, Einholung der GP-Zustimmung, Verwaltung der Übertragungsdokumente.
  • GP-led:
    • IBOR/ABOR (Alter Fonds): Modellierung eines Exits, Berechnung und Verbuchung der finalen Ausschüttung an verkaufende LPs, Ausbuchung der Assets.
    • IBOR/ABOR (Neuer Fonds): Onboarding der Assets mit neuer Bewertung/Basis, Verwaltung der neuen Kapitalzusagen und Investoren.
    • Operativ: Hohe Komplexität bei Strukturierung, Bewertung, rechtlicher Dokumentation und Kommunikation mit allen LPs.

2.5 Praxisbeispiel

  • LP-led: LP A verkauft seine Anteile (Unreturned Capital 1 Mio. €, NAV 1,5 Mio. €) für 1,2 Mio. € an LP B.
    • IBOR/ABOR (Fonds): Keine Distribution oder NAV-Änderung durch den Fonds. Lediglich Update des LP-Registers. Der Fonds ist wirtschaftlich nicht betroffen.
    • Investor-Level: LP A realisiert einen Gewinn/Verlust. LP B hat nun Anteile mit 1 Mio. € Unreturned Capital und 1,5 Mio. € NAV.
  • GP-led: Zu komplex für ein einfaches Beispiel, da es einem M&A-Prozess auf Fondsebene gleicht.

2.6 Empfehlungen

  1. Klar definieren: Stellen Sie sicher, dass Ihr System und Ihre Prozesse klar zwischen LP-led und GP-led Secondaries unterscheiden und die jeweiligen unterschiedlichen Auswirkungen korrekt abbilden.
  2. Mapping & Prozesse: Erstellen Sie klare Mapping-Dokumente und Prozessbeschreibungen für die buchhalterische und operative Abwicklung beider Secondary-Typen.
  3. Operational Readiness: Stellen Sie sicher, dass die notwendigen operativen Schritte (KYC, Dokumentation, GP-Zustimmung) standardisiert sind.
  4. Reporting: Erwägen Sie, Secondary-Transaktionen (insbesondere aggregierte Marktaktivitäten, falls relevant) in einem separaten Abschnitt Ihrer Reports darzustellen, um Transparenz zu schaffen.

Fazit

Die Unterscheidung ist kritisch: Distributions sind tatsächliche Ausschüttungen aus dem Fonds, die gemäß Wasserfall erfolgen und das Unreturned Capital (bei RoC) sowie den NAV beeinflussen. LP-led Secondary Sales sind Transaktionen zwischen Investoren, die den Fonds operativ und buchhalterisch nur marginal betreffen (LP-Wechsel). GP-led Secondaries hingegen sind komplexe Transaktionen, die für den alten Fonds oft einem Exit gleichkommen und signifikante buchhalterische und operative Auswirkungen haben.

Eine saubere Konfiguration Ihrer IBOR/ABOR-Systeme, eine präzise Anwendung der Wasserfall-Logik für Distributions und eine klare Differenzierung der Secondary-Typen sind unerlässlich, um fehlerhafte NAVs, falsche Gebührenberechnungen und Verwirrung bei Investoren zu vermeiden.