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Regulatorische Wellen früh erkennen: Was Private Market Manager vom Bankensektor lernen können

Viele regulatorische Anforderungen treffen den Private Markets Sektor erst verzögert – aber mit kaum geringerer Intensität. Wer rechtzeitig beobachtet, welche neuen Standards Banken und Versicherer erfüllen müssen, kann oft frühzeitig antizipieren, was mittelfristig auch auf Asset Manager zukommt. Es geht dabei nicht um hektischen Aktionismus, sondern um strategisches Vorausdenken: Wer regulatorische Entwicklungen frühzeitig erkennt, kann Implementierungspfade vorbereiten, IT-Systeme proaktiv planen und kostspielige Fehlentwicklungen vermeiden.

Haftungsausschluss: Dieser Artikel stellt keine Rechts- oder Handlungsempfehlung dar, sondern dient der allgemeinen Information. Für die Umsetzung regulatorischer Maßnahmen sollten stets rechtliche, technische und fachliche Expertisen einbezogen werden.

Titelbild: Antizipation regulatorischer Maßnahmen
Titelbild: Antizipation von regulatorischen Maßnahmen

Das Muster der regulatorischen Wellen: Banken als Frühindikatoren

Die Regulatorik folgt häufig einem vorhersehbaren Muster: Zuerst werden systemrelevante Sektoren wie Banken reguliert, dann Versicherungen – und schließlich weitet sich der Anwendungsbereich auf Kapitalverwaltungsgesellschaften und Asset Manager aus. Historische Beispiele belegen diese Sequenz eindrücklich:

  • Basel II/III: Die dort entwickelten Verfahren zur Risikomessung und -steuerung wurden Jahre später im AIFMD-Umfeld adaptiert.
  • MaRisk / BAIT: Die bankaufsichtlichen Anforderungen an die IT waren klare Vorläufer für die heutigen IT-Governance-Anforderungen in der Fondsindustrie, die in DORA gipfeln.
  • ESG-Regulierung (SFDR, Taxonomie): Ursprünglich auf den Finanzsektor im Allgemeinen abzielend, traf sie die Welt der GPs und LPs mit voller Wucht, nachdem die ersten Standards etabliert waren.

Diese zeitliche Verzögerung ist trügerisch. Sie schafft kein Ruhekissen, sondern ein wertvolles Zeitfenster für strategische Vorbereitung – insbesondere, wenn Kernapplikationen, Datenmodelle oder Governance-Strukturen betroffen sind.

Vom Beobachten zum Handeln: Strategische Planung und Governance

Die Herausforderung besteht darin, regulatorische Frühindikatoren gezielt zu beobachten und in eine rollierende Planung einzubetten, auch wenn noch keine konkrete Umsetzungspflicht besteht. Wer heute in neue Workflows oder Systeme investiert, muss wissen, welche Anforderungen morgen wahrscheinlich werden, um spätere Umbaukosten zu vermeiden. Vorausschau ist dabei kein Zufallsprodukt, sondern erfordert eine klare organisatorische Verankerung.

Instrumente für die strategische Vorausschau

  • Regulatory Roadmap: Eine Übersicht voraussichtlicher regulatorischer Entwicklungen mit geschätztem Zeithorizont und Relevanz für das eigene Geschäftsmodell.
  • Impact Assessment: Eine frühzeitige Abschätzung, welche Bereiche (z.B. ESG-Datenmodell, KYC-Prozesse, Reporting-Schnittstellen) betroffen sein könnten.
  • Zukunftsfähige Systemarchitektur: Architekturentscheidungen (z.B. für eine Reporting-Plattform oder ein Data Warehouse) so treffen, dass zukünftige Anforderungen mit geringem Aufwand integriert werden können.

Verantwortlichkeiten klar definieren

FunktionRolle in der regulatorischen Vorausschau
Chief Compliance Officer / RegulatorikSystematische Beobachtung und Bewertung von Trends aus anderen Sektoren.
IT-Architektur / CIOEinschätzung der technischen Auswirkungen und des Anpassungsbedarfs für Systeme.
Geschäftsführung / ProduktentwicklungStrategische Priorisierung und Einbettung in die langfristige Unternehmensplanung.

Die Kosten des Abwartens vs. der strategische Vorteil

Ein proaktiver Ansatz zur Beobachtung von Regulatorik schafft messbare Vorteile. Er führt zu besseren IT-Investitionsentscheidungen, da skalierbare und zukunftsfähige Lösungen ausgewählt werden. Er kann Wettbewerbsvorteile generieren, indem LP-Anforderungen an Transparenz oder ESG-Daten frühzeitig erfüllt werden. Vor allem aber erhöht er die Planungssicherheit bei der Auswahl von Dienstleistern und Datenanbietern.

Die Risiken der Untätigkeit sind hingegen gravierend. Sie führen zu technischer Schuld durch Fehlinvestitionen in starre IT-Infrastrukturen, die teuer nachgerüstet werden müssen. Sie bergen die Gefahr, Umsetzungsfristen zu verpassen, weil der Implementierungsaufwand unterschätzt wurde. Und nicht zuletzt drohen Reputationsrisiken, wenn ein Asset Manager bei zentralen Themen wie DORA oder ESG als Nachzügler wahrgenommen wird.

Fazit: Vorausschau als strategische Notwendigkeit

Die frühzeitige Beobachtung von Regulatorik ist keine Kür, sondern eine strategische Pflicht – gerade im Private Markets Umfeld, wo Systemanpassungen, die Erweiterung von Datenmodellen und die Anpassung von Reporting-Prozessen lange Vorlaufzeiten benötigen. Asset Manager, die heute erkennen, was morgen auf sie zukommen könnte, handeln nicht aktionistisch, sondern sichern sich wertvolle Gestaltungsspielräume. Wer hingegen wartet, bis eine Regulierung finalisiert und die Frist gesetzt ist, riskiert operative Engpässe, eine schlechtere Datenqualität und kostspielige, unter Zeitdruck durchgeführte Nachrüstungen.


Quellen

  • EU-Kommission: SFDR, DORA, Taxonomie-Verordnung
  • BaFin: Stellungnahmen zur sektorübergreifenden Aufsicht
  • EIOPA / ESMA: Konsultationspapiere mit Relevanz für Asset Manager

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