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Softwareimplementierung im PMI: Von der Planung zur Produktivsetzung – Operative Erfolgsfaktoren (2)

Nach der strategischen Vorbereitung, der Vendor-Auswahl und dem Vertragsabschluss beginnt die kritische Phase der Softwareimplementierung im Private Markets Asset Management. Dieser zweite Teil fokussiert auf die operativen Erfolgsfaktoren während der Umsetzungs-, Migrations-, Test- und Go-Live-Phasen. Besonderes Augenmerk liegt auf der strategischen Verteilung von Aufgaben zwischen internen Teams und externen Partnern, der Bedeutung umfassender Dokumentation und dem frühzeitigen Einsatz von Testautomatisierung.

Disclaimer: 

Dieser Artikel dient ausschließlich zu Informationszwecken und stellt keine Rechts-, Steuer- oder Finanzberatung dar. Die hierin enthaltenen Informationen sollten vor einer Entscheidungsfindung unabhängig überprüft werden.
Füllbild Software Implementation
Füllbild Software Implementation

Phase 4: Implementierung, Konfiguration und Customizing – Das Sourcing-Modell definieren

Diese Phase übersetzt die Anforderungen aus dem Lösungsdesign (Blue Print) in ein funktionierendes System. Eine zentrale strategische Entscheidung betrifft hierbei das Sourcing-Modell: Welche Aufgaben übernimmt das interne Team, welche der Softwareanbieter oder ein spezialisierter Implementierungspartner?

4.1. Aufgabenverteilung: Was kann und will der Asset Manager leisten?

Eine ehrliche Selbsteinschätzung der internen Kapazitäten und Kompetenzen ist entscheidend:

  • Konfiguration: Die Anpassung der Standardsoftware über vorhandene Einstellungsmenüs kann oft durch geschulte Key User oder interne IT-Spezialisten erfolgen, erfordert aber tiefes Produktverständnis.
  • Customizing/Entwicklung: Individuelle Programmierungen oder die Entwicklung komplexer Workflows/Reports erfordern spezialisiertes Entwickler-Know-how, das intern oft nicht vorhanden ist. Hier ist die Auslagerung an den Vendor oder einen Partner meist sinnvoll. Wichtig: Klare Definition von Verantwortlichkeiten für Wartung und Updates von Custom Code.
  • Schnittstellenentwicklung (Integration): Die Anbindung an bestehende Systeme erfordert technisches Know-how beider Systeme. Oft eine geteilte Aufgabe zwischen interner IT und Vendor/Integrationspartner.
  • Projektmanagement: Auch bei externer Unterstützung ist ein starker interner Projektleiter zur Steuerung, Koordination und Sicherstellung der Business-Anforderungen unerlässlich.

Die Entscheidung hängt von strategischer Bedeutung der Aufgabe, interner Expertise, Kosten und dem Wunsch nach Kontrolle bzw. Flexibilität ab. Eine klare Definition der Rollen und Verantwortlichkeiten (RACI-Matrix) ist frühzeitig erforderlich.

4.2. Detailliertes Lösungsdesign (Blue Print) als Basis

Unabhängig vom Sourcing-Modell ist ein präziser Blue Print die Grundlage. Er spezifiziert nicht nur Funktionen, sondern auch Datenmodelle, Workflows, Berechtigungskonzepte und Integrationspunkte. Änderungen nach Verabschiedung des Blue Prints sollten über einen formalen Change-Request-Prozess gesteuert werden.

Phase 5: Datenmigration – Das unterschätzte Fundament

Die Qualität der Datenmigration entscheidet maßgeblich über den Erfolg des Projekts und die Akzeptanz der neuen Software.

5.1. Datenanalyse, Cleansing & Mapping

Dieser Schritt wird oft unterschätzt. Es erfordert tiefes Verständnis der Altdaten (Qualität, Vollständigkeit, Semantik) und des Zieldatenmodells. Ein formalisiertes Data Dictionary für das Zielsystem ist hier essenziell. Dieses Dokument definiert jedes Datenfeld, seinen Typ, seine Bedeutung, Validierungsregeln und Beziehungen zu anderen Feldern. Basierend darauf erfolgt das Mapping der Altdaten und die Definition von Transformations- und Bereinigungsregeln.

5.2. Migrationsstrategie und Testläufe

Neben der technischen Umsetzung (Skripte, ETL-Tools) ist die strategische Planung entscheidend: Umfang der historischen Daten, Zeitpunkt (Big Bang vs. phasenweise), Anzahl der Testzyklen. Mehrere iterative Testmigrationen mit detaillierter Validierung (technisch und fachlich durch Key User) und Reconciliation sind unabdingbar, um Fehler vor dem Go-Live zu identifizieren.

Phase 6: Testing und Qualitätssicherung – Automatisierung von Anfang an

Testing ist kein nachgelagerter Schritt, sondern sollte integraler Bestandteil des gesamten Implementierungsprozesses sein.

6.1. Umfassende Teststrategie

Diese definiert die verschiedenen Teststufen (Unit, Integration, System, UAT, Performance, Security), die Verantwortlichkeiten, die Umgebungen, die Testdatenstrategie und die Kriterien für die Testabnahme. Sie sollte Risikobasiert sein und kritische Geschäftsprozesse besonders intensiv prüfen.

6.2. Testautomatisierung frühzeitig einbinden

Gerade bei komplexen Systemen mit häufigen Updates oder agiler Entwicklung ist manuelle Regressionstests extrem aufwendig und fehleranfällig. Die frühzeitige Planung und Implementierung von Testautomatisierung für Kernprozesse und Regressionstests ist eine lohnende Investition. Tools und Frameworks (z.B. Selenium, UFT, Tosca, oder spezialisierte Finanzsoftware-Testtools) ermöglichen die wiederholbare, schnelle Überprüfung der Funktionalität nach Änderungen. Dies erfordert jedoch spezialisiertes Know-how im Team oder durch externe Partner.

6.3. User Acceptance Testing (UAT)

Der UAT durch die Key User ist entscheidend für die Akzeptanz. Er sollte anhand vordefinierter, realistischer Geschäftsszenarien erfolgen und formal dokumentiert und abgenommen werden.

Phase 7: Umfassende Dokumentation – Mehr als nur ein Handbuch

Eine oft vernachlässigte, aber kritische Komponente für den nachhaltigen Betrieb und die Weiterentwicklung.

  • Technische Dokumentation: Systemarchitektur, Schnittstellenbeschreibungen (inkl. Datenflussdiagrammen, die zeigen, wie Daten zwischen Systemen ausgetauscht werden), Konfigurationsdetails, Installationsanleitungen.
  • Fachliche Dokumentation: Prozessbeschreibungen (Soll-Prozesse), Data Dictionary (siehe Phase 5), Beschreibung von Berechnungslogiken (z.B. für KPIs, Fees).
  • Benutzerdokumentation: Anwenderhandbücher, Schulungsunterlagen, Quick Guides.
  • Berechtigungskonzept: Detaillierte Dokumentation der eingerichteten Rollen und Profile und der damit verbundenen Zugriffsrechte auf Funktionen und Daten. Dies ist auch für Audits und Compliance essenziell.

Die Verantwortung für die Erstellung und Pflege der Dokumentation muss klar geregelt sein (Vendor vs. internes Team).

Phase 8: Organisatorische Verankerung: Change Management & Kompetenzaufbau

Die technologisch beste Lösung entfaltet ihr volles Potenzial nur, wenn sie von der Organisation angenommen und effektiv genutzt wird. Ein proaktives und kontinuierliches Change Management ist daher kein optionales Add-on, sondern ein kritischer Erfolgsfaktor, der parallel zum gesamten Implementierungsprozess laufen muss.

  • Strategische Kommunikation: Regelmäßige, transparente und zielgruppengerechte Kommunikation über Projektziele, Fortschritte, anstehende Veränderungen und den erwarteten Nutzen („What’s in it for me?“) ist essenziell, um Unsicherheiten abzubauen und Unterstützung zu gewinnen.
  • Kompetenzaufbau & Training: Weit mehr als nur eine einmalige Funktionsschulung. Es bedarf eines nachhaltigen Konzepts zum Aufbau von Anwenderkompetenz, oft unterstützt durch Key-User-Programme, E-Learning-Module und kontinuierlichen Support, um die effektive Nutzung der neuen Systeme und Prozesse sicherzustellen.
  • Prozessadaption & Rollenklarheit: Die Softwareeinführung bedingt oft eine Anpassung etablierter Arbeitsabläufe. Diese müssen aktiv begleitet, dokumentiert und kommuniziert werden. Ebenso müssen Rollen und Verantwortlichkeiten im Kontext der neuen Systemlandschaft klar definiert sein.
  • Aktives Widerstandsmanagement: Bedenken und Widerstände von Mitarbeitern sind ernst zu nehmen und adressieren. Offene Feedbackkanäle und die Einbindung von Kritikern können helfen, Hürden zu überwinden und die Akzeptanz zu fördern. Ignorierter Widerstand kann Projekte erheblich gefährden.

Erfolgreiches Change Management stellt sicher, dass die technologische Investition auch tatsächlich zu einer Verbesserung der operativen Leistungsfähigkeit und einer positiven Transformation der Arbeitskultur führt.

Fazit: Softwareimplementierung als kontinuierlicher Transformationsprozess

Die Implementierung einer Kernsoftwarelösung im Private Markets Asset Management ist ein strategisches Unterfangen von hoher Komplexität, das weit über die technische Installation hinausgeht. Der Erfolg hängt maßgeblich von einer sorgfältigen Vorbereitung (Teil 1) und einer disziplinierten Umsetzung (Teil 2) ab. Schlüsselfaktoren in der Implementierungsphase sind eine klare Sourcing-Strategie, ein robustes Management der Datenmigration, eine umfassende Teststrategie (idealerweise mit frühzeitiger Automatisierung) und eine lückenlose Dokumentation (inkl. Datenmodellen und Berechtigungskonzepten).

Entscheidend ist jedoch die Erkenntnis, dass die Implementierung nicht mit dem Go-Live endet. Software und Prozesse müssen kontinuierlich überwacht, gewartet und optimiert werden, um den vollen Nutzen der Investition zu realisieren und auf zukünftige Markt- und regulatorische Anforderungen reagieren zu können. Ein effektives Change Management ist dabei kein einmaliger Akt, sondern ein fortlaufender Prozess zur Sicherstellung der organisatorischen Adaptionsfähigkeit.

Letztlich ermöglicht eine strategisch geplante und professionell umgesetzte Softwareinfrastruktur Asset Managern nicht nur operative Effizienz und Compliance, sondern schafft auch die datengestützte Grundlage für bessere Investmententscheidungen und stärkere Investorenbeziehungen – ein unverzichtbarer Baustein für nachhaltigen Erfolg im kompetitiven Private Markets Umfeld.