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Vom statischen PDF zum dynamischen Dashboard: Die neue Ära des Investor Reportings

Noch vor wenigen Jahren war der quartalsweise PDF-Report das Maß aller Dinge. Heute erwarten Investoren interaktive Dashboards, die ihnen einen aktiven Zugang zu Informationen in nahezu Echtzeit geben. Sie wollen Szenarien durchspielen, ESG-Kriterien filtern und tiefer in Einzelwerte eintauchen. Dieser Wandel ist mehr als nur eine technologische Neuerung – er verändert die Beziehung zwischen GP und LP fundamental.

Haftungsausschluss: Dieser Artikel stellt keine Anlage- oder Rechtsberatung dar, sondern eine fachliche Analyse aus Sicht eines Business Analysten.

Titelgrafik Dynamische Reports

Die Realität: Eine Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Obwohl der Bedarf an dynamischem Reporting klar ist, muss man ehrlich sein: Die überwältigende Mehrheit der Asset Manager verfügt heute noch nicht über die dafür notwendige, durchgängige Technologie. Die Realität ist geprägt von System-Silos, manuellen Excel-Prozessen und fehlenden zentralen Datenplattformen.

Diese Lücke wird auch von der Anbieterseite nicht immer geschlossen. Viele Softwarelösungen für den Private-Market-Bereich werben zwar mit „Reporting-Funktionen“, bieten aber oft keine echte, revisionssichere Versionierung. Häufig handelt es sich lediglich um die Möglichkeit, verschiedene PDF-Versionen zu speichern, nicht aber um die Fähigkeit, einen Datenstand zu einem bestimmten Zeitpunkt („Point-in-Time“) exakt zu rekonstruieren. Die in diesem Artikel beschriebene Zielarchitektur ist daher für die meisten Marktteilnehmer noch ein Zukunftsprojekt.

Der Paradigmenwechsel: Warum statische Reports nicht mehr ausreichen

Die Nachfrage nach dynamischen Dashboards ist kein einheitliches Phänomen – sie unterscheidet sich je nach Investorengruppe, doch das Ziel ist immer dasselbe: schnellere, faktenbasierte Entscheidungen.

  • Family Offices suchen Flexibilität. Sie wollen mit einem Klick Exposure nach Region, Liquidität oder ESG-Score analysieren.
  • Pensionskassen und Versicherungen fokussieren sich auf Governance und Compliance. Dashboards müssen Daten so aggregieren, dass sie für interne Gremien und Solvency-II-Reports nutzbar sind.
  • Consultants nutzen Dashboards als Analyseinstrument. Sie erwarten, Szenarien durchspielen und Peer-Vergleiche über verschiedene Mandate hinweg anstellen zu können.

Die Lösung: Eine Architektur für vertrauenswürdige Daten

Ein praxisnahes Setup für verlässliches dynamisches Reporting lässt sich in drei Schichten denken:

  1. Datenschicht (Data Sources): Hier liegen die Rohdaten aus IBOR-/ABOR-Systemen, ESG-Providern und Markt-Feeds.
  2. Governance-Schicht (Data Warehouse): In dieser zentralen Schicht werden Daten harmonisiert und validiert. Hier werden zwei entscheidende, aber unterschiedliche Konzepte umgesetzt:
  • Versionierung: Jeder relevante Datenstand (z.B. ein Monats-NAV) erhält eine eindeutige Version (v1.0, v1.1, v1.2). Dies schafft eine „Single Source of Truth“ für jeden Berichtszeitpunkt und beantwortet die Frage: „Welcher Datenstand ist gültig?“
  • Audit Trail (Prüfpfad): Jede Aktion – von der Dateneingabe über die Statusänderung im Genehmigungsworkflow bis zum Zugriff durch einen Investor – wird lückenlos und unveränderbar protokolliert. Der Audit Trail beantwortet die Frage: „Wer hat was wann getan?“
  1. Präsentationsschicht (BI & Dashboard Layer): Die Dashboards greifen ausschließlich auf freigegebene („Released“) Datenversionen zu und kennzeichnen klar, welche Datenbasis zugrunde liegt.

Governance in der Praxis: Die Matrix für Versionierung und Freigabe

Eine solche Matrix stellt sicher, dass jeder Zustand eines Datenpunktes klar definiert ist. Der Audit Trail protokolliert im Hintergrund jede Statusänderung dieser Versionen.

DatenquelleVersionStatusFreigegeben amSichtbar für
ABOR NAVv1.0DraftNur Backoffice
ABOR NAVv1.1ReviewedMiddle Office
ABOR NAVv1.2Released31.03.2025Alle Nutzer

Fazit: Dynamic Reporting als Vertrauensbasis

Dashboards entwickeln sich zum Standard. Mit dieser Verlagerung entsteht jedoch eine neue Verantwortung. Dynamic Reporting ist mehr als eine technische Spielerei – es ist die Basis für Vertrauen, weil es auf zwei Säulen ruht: einer sauberen Versionierung, die klarstellt, welche Information gültig ist, und einem lückenlosen Audit Trail, der beweist, wer wann darauf zugegriffen und sie verändert hat.

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Wichtige Ergänzung

Welche PMI-Lösungen bieten wirklich Versionierung an?

Schauen wir uns ganz einfach mal die Softwarelandschaft an. Was wäre unsere Anforderung: Echte Versionierung bedeutet, das System kann auf Knopfdruck den exakten Zustand eines Portfolios, eines Datensatzes oder eines Reports zu einem beliebigen Zeitpunkt in der Vergangenheit rekonstruieren. Das ist technisch sehr anspruchsvoll.

Hier nun eine Einordnung der Anbieterlandschaft, ohne spezifische Produkte zu bewerben, sondern als reine Grundlage einer Klassifizierung der technologischen Ansätze.


Data-Warehouse- und Data-Lakehouse-Plattformen (Die Spezialisten):


Technologie: Snowflake, Databricks, Google BigQuery etc.

Fähigkeit: Diese Plattformen sind von Grund auf für Versionierung und Historisierung gebaut. Funktionen wie „Time Travel“ (Snowflake) oder „Delta Lake“ (Databricks) ermöglichen es, den Zustand einer Tabelle zu einem beliebigen Zeitpunkt in der Vergangenheit abzufragen. Sie sind die technologische Grundlage für die im Artikel beschriebene „Governance-Schicht“.

Fazit: Sie bieten die robusteste Form der Versionierung, sind aber keine fertigen PMI-Anwendungen, sondern die technologische Basis, auf der eine solche Lösung aufgebaut werden muss.

Große, integrierte Investment-Management-Plattformen (Die „Alleskönner“):

Beispiele: Lösungen wie SimCorp Dimension, BlackRock Aladdin oder State Street Alpha.

Fähigkeit: Diese High-End-Systeme verfügen über extrem starke und konsistente Datenmodelle. Sie bieten in der Regel sehr gute Fähigkeiten zur Historisierung von Transaktionen und Beständen. Die Rekonstruktion von Portfolioständen zu historischen Stichtagen ist eine ihrer Kernkompetenzen. Die Versionierung von Reports oder freigegebenen Datensätzen ist oft über Konfiguration und spezifische Module möglich.


Fazit: Sie kommen einer echten Versionierung sehr nahe, sind aber extrem komplex und kostspielig in der Implementierung und daher nur für die größten Asset Manager eine Option.

Moderne, spezialisierte PMI-Plattformen (Die Herausforderer):

Beispiele: Cloud-native Anbieter wie Allvue, eFront (Teil von BlackRock) oder iCapital.


Fähigkeit: Diese Anbieter modernisieren ihre Plattformen zunehmend. Sie bieten oft gute Audit Trails und können Snapshots von Datenständen erstellen. Eine vollständige, flexible Point-in-Time-Rekonstruktion über alle Datenbereiche hinweg ist aber oft noch in der Entwicklung oder nur für bestimmte Datentypen (z.B. Capital Accounts) verfügbar. Sie sind auf dem richtigen Weg, aber noch nicht immer am Ziel.


Fazit: Hier muss man im Auswahlprozess sehr genau hinschauen und die Versionierungs-Fähigkeiten in einem Proof of Concept testen.


Traditionelle Fund-Accounting- und PMS-Systeme (Die große Masse):


Fähigkeit: Die meisten älteren, oft On-Premise betriebenen Systeme sind nicht für Versionierung konzipiert. Sie sind darauf ausgelegt, den aktuellen Zustand korrekt zu verwalten und Periodenabschlüsse zu erstellen. Eine Historisierung findet oft nur auf Transaktionsebene statt, aber nicht als versionierter „Snapshot“ des gesamten Datenuniversums. Wenn sie von „Versioning“ sprechen, meinen sie oft das Speichern von erzeugten Report-Dateien in einem Dokumentenmanagementsystem.

Fazit: Hier ist die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit am größten. Diese Systeme liefern die Rohdaten, aber die Versionierung und Governance müssen in einer darüber liegenden Schicht (typischerweise einem Data Warehouse) aufgebaut werden.

Zusammenfassend:

Echte, revisionssichere Versionierung ist heute primär eine Domäne von Data-Warehouse-Technologien und den großen, integrierten Plattformen. Viele spezialisierte PMI-Anbieter sind auf einem guten Weg, aber die Funktionalität ist noch nicht flächendeckend und ausgereift. Für die meisten Asset Manager führt der Weg zu echtem Dynamic Reporting über die Kombination ihres bestehenden PMS mit einer modernen Data-Warehouse-Schicht. Da ist noch sehr viel zu tun.

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